Sonett

Das Sonett ist eine der erfolgreichsten Gedichtformen. Das ‹Klinggedicht›, wie es dem Namen nach im Italienischen heisst, ist in fast allen Literatursprachen vertreten und gilt dort meist als eine der höchsten Formen des dichterischen Ausdrucks. Dies liegt einerseits daran, dass seine formale Strenge zu inhaltlicher Genauigkeit zwingt: Die 14 Zeilen des Gedichts werden in je zwei 4-Zeiler (Quartette) und 3-Zeiler (Terzette) unterteilt, wobei die Verschränkung der Reime dem Gedicht zusätzliche Komplexität verleiht. Als Versmass wird häufig entweder der Endecasillabo oder der Alexandriner verwendet. Die verschiedenen Literaturen haben unterschiedliche Reimschemata bevorzugt:

  • Die italienischen Sonette bevorzugen eine strenge Form mit nur 4 Reimlauten: abab/abab (Variante: abba/abba) für die zwei Quartette, während die Terzette meist cdc/dcd gereimt sind (Variante: cde/cde).

  • Die französischen Sonette kombinieren den umarmenden Reim (abba/abba) in den Quartetten mit einem einzelnen Reimpaar und einem Kreuzreim in den beiden Terzetten (ccd/ede), fügen also einen 5. Reimlaut hinzu.

  • Die Engländer haben ganz ihrem pragmatischen Temperament gemäss eine deutliche Vereinfachung an den Reimschemata vorgenommen, die auch die Pointe jeden Sonetts noch verstärkt: drei Quartette mit Kreuzreim und ein abschliessendes Reimpaar (abab/cdcd/efefgg). Mit dem so gewonnenen 6. Reimlaut erhält das Gedicht eine zusätzliche lautliche Bandbreite.

Die Gedichtform gewinnt andererseits ihre Brillanz durch eine logische oder gedankliche innere Strukturierung, die von den zwei Quartetten und zwei Terzetten ermöglicht wird. So kann der Dichter seiner These (1. Quartett) eine Antithese (2. Quartett) folgen lassen, diese dann in den beiden Terzetten gegeneinander ausspielen und schliesslich in einer pointierten Synthese zusammenfassen.  OF

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